Am heutigen Samstag war es mal wieder soweit. Ein Chorauftritt führte uns in die Regattastraße Berlins.
Die hiesige Revierförsterei lud ein zum Herbstfest und punktete mit bestem Goldherbstwetter. Weiße Streifenwolken verzierten
den Himmel, er leuchtete wie seinerzeit die Dahme bei der kaiserlichen Austragung eines Segelschiffwettstreits.
Für unsere Zuschauer gab es keine Tribüne, an Biertischgarnituren ließ sich auch viel komfortabler das Wildbret verspeisen und
das Bierglas abstellen, womit sich die notwendigen Utensilien für einen zünftigen Revierbrunch zusammenfanden.
Künstlerisch eingerahmt nach anfänglicher Schlagermusik durch einen Chor aus Adlershof, dessen eigenwilliger Name für den
Moderator eine Artikulationsbarriere darstellte. Descha-wie unter Leitung von Stefan Georgi also.
Mit Sauerkraut im Mund und Bierschaum an der Oberlippe verfolgte man zunächst skeptisch den Soundcheck. DJ und Moderator war
Peter, ein netter Mann um die sechzig, der sein Haupt bei Veranstaltungsbeginn mit einer weißen Mütze verzierte.
Als die Mikros eingestellt waren, wechselten wir auf ein Seitenareal um uns dem üblichen Stimmbildungsritual
hinzugeben.
Um vierzehn Uhr fünfzehn dann fiel der Startschuß. Wir marschierten zurück zum kopf- und feldsteinbepflasterten Hof, um den
Publikum zu zeigen, daß Speis und Trank durch Wohlklänge bereichert werden können.
Unsere erste Polka war für uns gesungen, zum Warmwerden, wir wollten nochmal hören, wie wichtig Einsätze sind.
Mit dem zweiten Lied lief es besser, die ersten Kinder hielten beim Toben inne und wippten in den Knien. Der Fanblock in der
ersten Reihe strahlte uns an, jetzt waren wir motiviert. Freundlicher Applaus, nicht frenetisch, doch so aufmunternd, daß wir beschwingt über "Mein Mädchen" singen konnten. Während des
dritten Liedes wurde Stefan von einem Herrn in glänzender Ballonseidenjacke angesprochen, daß wir weiter hinten zu leise sind.
Doch wer uns hören will, kommt in die vorderste Reihe! Ungezähmt trällerten wir weiter und das tat gut.
Wir sind ja keine Paradiesvögel, deren Gefieder mit jedem einzelnen Farbton das Publikum bezaubert. Es darf schon mal zu hören
sein, daß wir uns um Intonation bemühen. Unsere Töne sind ehrlich, vom Volk sozusagen. Vielleicht schillert unserer Klang eher wie das Gefieder eines Wellensittichs, ein Vogel, den sich jeder
leisten kann. Und man sieht uns den Spaß an, den uns das Singen bereitet.
Wir marschierten durch unsere Setliste und stellten mal wieder fest, daß Aufführungspraxis ein Lackmustest für einstudierte
Gesänge ist.
Der Petermoderator heizte zur Zugabenforderung ein und wir lieferten brav eine alte afrikanische Weise.
Entspannung bei Schmalzstulle, Kuchen und Bier gab es nun auch für uns, ein Blasmusikensemble lieferte den Soundtrack für den
Austausch von Lebensweisheiten und tiefenpsychologischen Betrachtungen im allgemeinen.
So darf ein Sonnabendnachmittag ausklingen, weiße Segeltuchwolken schwebten den prächtigen Himmel entlang…
26.9.15 Dirk Meier
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Julia (Sonntag, 27 September 2015 21:24)
Wir singen also wie ein "volksnaher" Vogel, ja? Na ich hoffe, dass der "Fanblock" die Bemühungen zum Schluss auch honoriert hat – oder uns am nächsten Montag wenigstens unterstützend überrennt... Danke für deine Worte, Dirk!